Demonstration für den Erhalt der Bibliotheken

Vor Beginn der Bezirksverordnetenversammlung demonstrierten heute Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt von Bibliotheken in Treptow-Köpenick. Unter den Rednerinnen und Rednern war auch der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Philipp Wohlfeil:

Meine Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,
vielen Dank für die Gelegenheit, hier kurz für die Fraktion DIE LINKE sprechen zu können.

Ich kann mir es sehr einfach machen: Anders als Grüne, SPD, CDU und auch die halbe Piratenfraktion, hat DIE LINKE dem Bezirkshaushaltsplan, in dem die Kürzungen bei den Bibliotheken vorgesehen sind, nicht zugestimmt. Ich habe das in der Bezirksverordnetenversammlung damit begründet, dass die Bezirke durch den Senat dramatisch finanziell unterausgestattet sind und uns nicht dargelegt wurde, wie Bezirksstadtrat Svend Simdorn mit den Kürzungen im Kultur- und Bibliotheksbereich umzugehen beabsichtigt. Ein solcher Plan liegt bis heute nicht vor und der offensichtlich überforderte Stadtrat hat sich krankgemeldet.

Dennoch – ich will Ihnen einige Zahlen nicht ersparen: Das Amt für Weiterbildung hat ein vom Senat zugewiesenes Haushaltsbudget von 5,7 Millionen Euro, die Ausgaben 2012 lagen bei 7,2 Millionen. Von diesem Defizit hat das Bezirksamt durch Umverteilung aus anderen Bereichen und durch Einplanung von zugesagten Landesmitteln, die aber nicht kommen werden, eine Millionen Euro mehr oder weniger solide ausgeglichen. Es besteht also ein unmittelbar aufzulösendes Problem von einer halben Million Euro. Langfristig ein noch größeres.

Für die Bibliotheken bedeutet dies: Andere Bezirke wenden je ausgeliehenem Buch weniger Steuermittel auf als Treptow-Köpenick. Ich erwarte vom Bezirksamt, sich anzugucken, warum das so ist und was wir ändern können, aber auch zu benennen, was wir nicht ändern wollen. Möglicherweise würden bei einem attraktiveren Angebot die Ausleihzahlen steigen. So könnten die Kosten je Medieneinheit gesenkt werden und die Zuweisungen durch den Senat würden steigen.

Im Vergleich zu anderen Bezirken werden wir aber auch feststellen, dass es Unterschiede gibt, die berechtigt sind, die wir nicht ändern wollen. Ich sage mal Friedrichshain-Kreuzberg: Da macht man eine Bibliothek in Friedrichshain und eine in Kreuzberg und damit sind alle im Bezirk einigermaßen wohnortnah versorgt. Das geht in einem Flächenbezirk wie Treptow-Köpenick nicht und die Unterhaltung mehrerer kleiner Einrichtungen ist nun mal teurer als die von zwei großen.
Der Bezirk muss seine eigenen Hausaufgaben erledigen, um den Spagat zwischen zwei leistungsfähigen und gutnachgefragten Mittelpunktsbibliotheken in den Zentren und einer Versorgung in der Fläche zu bewältigen.

Abgesehen vom Geld fehlt aber auch das Personal. Da wird selbstverständlich niemand entlassen, aber der Bezirk kann wegen der Abbauvorgaben der Koalition aus SPD und CDU auf Landesebene, altersbedingt freiwerdende Stellen nicht mehr nachbesetzen. Der Bezirk versucht zwar durch die schleichende Privatisierung der Grünflächen- und Friedhofspflege, ein Prozess, den man ebenfalls kritisieren muss, Spielräume in anderen Bereichen zu erlangen, aber es ändert nichts daran, dass Bibliotheksstandorte auch mangels Personal bedroht sind.
Obwohl die Steuereinnahmen steigen und damit die Rahmenbedingungen sich verbessert haben, stehen den Bezirken heute weniger Mittel für freiwillige soziale und kulturelle Leistungen zur Verfügung als zur Zeit des rot-roten Senats. Seit dem Regierungswechsel mussten in Treptow-Köpenick ein Bürgeramt, eine große Jugendfreizeiteinrichtung, ein Standort der Volkshochschule aufgegeben werden, in Parks und Grünflächen wird gerade noch so die Verkehrssicherheit gewährleistet, Gewerbeanmeldungen, Bau- und Wohngeldanträge werden nur noch schleppend bearbeitet und in Kultureinrichtungen können kaum noch Veranstaltungen stattfinden, weil die Honorarmittel gekürzt wurden.

Zwar kritisiert Bezirksbürgermeister Oliver Igel diese Politik immer wieder scharf, aber gleichzeitig stimmen die in Treptow-Köpenick direkt gewählten SPD-Mitglieder im Abgeordnetenhaus, deren Kreisvorsitzender Oliver Igel nebenberuflich ist, brav jeder Vorlage des Senats zu, lehnen entgegengerichtete Anträge der Opposition ab und treten auch öffentlich als die eifrigsten Vollstrecker dieser die Kürzungs- und Abbaupolitik auf.

Die Bibliotheksentwicklung ist letztlich ein Beispiel für Dinge, die in dieser Stadt falsch laufen. Sorgen wir gemeinsam dafür, diese Politik zu ändern.