Autistische Kinder in Treptow-Köpenick bedarfsgerecht beschulen

Antrag, interfraktionell mit SPD und B'90Grüne

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:
Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass Schlussfolgen auf Grundlage der zu erstellenden Bedarfserhebung zu Kindern mit Autismus gezogen und dafür notwendige Ressourcen bereitgestellt werden.
Eine so weit wie möglich gehende Inklusion sollte einer Exklusion beeinträchtigter Kinder immer vorgezogen werden. Sollte nach Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten zur Beschulung im Klassenverband, d. h. konsequente Anwendung autismusspezifischer Lernkonzepte und Gewährung von Nachteilsausgleichen – bei betroffenen Kindern die medizinische Notwendigkeit einer Beschulung in "Kleinklassen" bestehen, so wird das Bezirksamt weiterhin ersucht, diese einzurichten. Dafür sind räumliche Kapazitäten der Schulen zu prüfen und die Kleinklassen Autismus vorzugsweise in den Räumlichkeiten dieser einzurichten, um das Kind nicht aus seinem sozialen Umfeld zu reißen. Sollten
nicht ausreichend räumliche Kapazitäten vorhanden sein, sollte die Kooperation mit freien Trägern der Jugendhilfe, Kindertagesstätten und Kinderläden sowie weiteren möglichen Institutionen gesucht werden, die eine Kleinklasse räumlich aufnehmen können. Auch Räumlichkeiten bezirkseigener Liegenschaften sollten auf Verfügbarkeit zur Beschulung autistischer Kinder geprüft und genutzt werden.


Begründung:
Die Schulen im Bezirk sind zur Umsetzung ihrer im Berliner Schulgesetz niedergeschriebenen Verpflichtung dazu, bestmögliche Lernvoraussetzungen für alle Schülerinnen und Schüler zu schaffen, zu befähigen. Daraus entsteht für aufnehmende Schulen ein Anspruch auf entsprechende Ressourcen in der Zumessung von Lehrkräften und pädagogischen Personal.
Ziel ist es, autistischen Kindern ihr Recht auf eine Bildung zu gewähren, die der für nicht-autistische Kinder gleichwertig ist. Auch für autistische Kinder gelten die Schulpflicht und das Menschenrecht auf Schule und qualitativ hochwertige Bildung. Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2021 klargestellt, alle Kinder haben ein Recht auf Bildung – Ausnahmen gibt es nicht (vgl. 1 BvR 971/21 und 1 BvR 1069/21).
Der Autismus Deutschland e. V. formuliert in seinen Leitlinien zur inklusiven Beschulung von Schülern mit Autismus-Spektrum-Störungen (Stand Februar 2013): Mittel der Wahl für die Gewährleistung einer qualitativ gleichwertigen Beschulung ist laut einschlägiger Meinung die inklusive Beschulung, im IX/0622 Antrag vom: 05.12.2023 Seite: 2/2
Rahmen derer Kind und Eltern eingebettet in ein Netzwerk aus Pädagogen, Sonderpädagogen, Fachleuten (Logopäden, Ergotherapeuten …) eine Beschulung im sozialen Umfeld und Regelklassen wahrnehmen können. Nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen sollte von der inklusiven Beschulung abgesehen werden.
Das Spektrum autistischer Störungen reicht von sehr schweren kognitiven Beeinträchtigungen bis zur Hochbegabung. Dementsprechend individualisiert und ausdifferenziert muss die Vermittlung von Unterrichtsinhalten erfolgen. Unabhängig von der Schulart ergeben sich daraus unterschiedliche Lern- und Bildungswege. Autismusspezifische Lernkonzepte sollten konsequent zur Anwendung kommen.
Kinder und Jugendliche mit ASS benötigen neben der individuellen kognitiven Förderung darüber hinaus vielfach eine individuelle personelle Unterstützung bei der Grundversorgung und/oder auch bei der [würdigen] allgemeinen Bewältigung des Schultages. [autismus Deutschland e. V. – Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus Leitlinien zur inklusiven Beschulung von Schülern mit Autismus-Spektrum-Störungen (Stand Februar 2013)].
Die Einrichtung dieses adäquaten Lernumfeldes benötigt personelle Ressourcen, die die Schulen im Bezirk aktuell kaum bereitzustellen in der Lage sind. Autistischen Kindern zustehende Zusatzkräfte werden z. B. allzu oft für Vertretungsstunden abgezogen. Mit dem Ausfall der Unterstützenden ist die Bewältigung des Schultags für autistische Kinder nur unter großer Kraftanstrengung (und Leistungsabfall) möglich, je nach Grad der Beeinträchtigung kann eine Beschulung im Regelbetrieb für ein Kind ohne Unterstützung unmöglich werden. Dem muss abgeholfen werden.

 

Ansprechpartnerin: Karin Kant

Ansprechpartner: Philipp Wohlfeil

Drucksache: IX/0622