Lauterbachs Krankenhausreform - Undurchdacht, unterfinanziert, gefährlich

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Bild: Gemeinsam mit der Berliner Krankenhaus Bewegung kämpft DIE LINKE für eine gesetzliche Personalbemessung, um die ­chronische Überlastung der Mitarbeitenden in den Krankenhäusern abzubauen.


Die Reform der Krankenhaus­finanzierung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach wurde mit den unterschiedlichsten Zielen angekündigt: mal ging es um die Entökonomisierung, mal um die Behandlungsqualität, mal um die Sicherung von Krankenhäusern auf dem Land. Als die vom Minister ins Leben gerufene Expertenkommission im Dezember letzten Jahres allerdings ihre Ideen für die Reform vorstellte, wurde schnell deutlich, dass nichts davon eingehalten wird. Im Gegenteil hätten die am wissenschaft­lichen Reißbrett entstandenen Pläne ein brachiales Kliniksterben mit sich gebracht. Übrig bleiben sollten große Häuser mit hohem Spezialisierungsgrad und großen Behandlungszahlen. Die Berliner Krankenhausgesellschaft hat die ersten Pläne auf Berlin übertragen: von über 60 Häusern wären ganze sieben (!) übrig geblieben, von 22.000 Betten derzeit etwa ein Drittel.

Auch wenn in langen Verhandlungen der Bundesländer mit dem Gesundheitsministerium die sehr weitgehenden Pläne der Expertenkommission aufgeweicht worden sind: die Folgen für unsere Stadt sind weiterhin nicht abschätzbar. Selbst wenn „nur“ die Hälfte der Krankenhäuser aufgeben oder mit anderen fusionieren müssen, bleibt unklar, wer eigentlich in der wachsenden Stadt die Patient*innen versorgen soll. Der ambulante Bereich hat bereits jetzt teils dramatische Engpässe zumindest in Teilen Berlins. Zudem ist die Finanzierung der Reform ungeklärt: wer bezahlt eigentlich, wenn Krankenhäuser erweitert oder zusammen gelegt werden sollen? Lauterbach lehnt jede finanzielle Beteiligung des Bundes ab. Und nicht zuletzt: die handwerklich schlecht aufgesetzte Reform mit vollkommen unklaren Finanzierungsmodi verunsichert die gesamte Krankenhauslandschaft. Kreditgeber sprin­­gen ab, Fachpersonal bewirbt sich weg. Was, wenn es die oder die Klinik im nächsten Jahr gar nicht mehr gibt?

Aus linker Sicht ist eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens unabdingbar. Aber es muss eine Reform sein, die die Interessen einer guten Ver­sorgung der Patient*innen und der Beschäftigten in den Mittelpunkt rückt. Die Finanzierung der Krankenhäuser nach Behandlungsfällen muss vollständig abgeschafft und durch eine Selbstkostendeckung ersetzt werden. Die Feuerwehr wird auch nicht nach Einsätzen bezahlt. Um unterversorgte Regionen in der Stadt besser auszustatten, schlagen wir die Einrichtung von Me­dizinischen Versorgungszentren (MVZ) vor – wohnortnah, mit ordentlichen Öffnungszeiten und guten Arbeitsbedingungen.

Tobias Schulze

Sprecher für Gesundheit der
Linksfraktion im Abgeordnetenhaus


Dieser Artikel stammt aus dem blättchen vom September 2023.  Die Zeitungen des Bezirksvorstandes und der Fraktion können hier runtergeladen werden. Beide Zeitungen gibt es auch als kostenloses Abo