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Menschenrechte brauchen ­intaktes Völkerrecht

Die durch Belarus erzwungene Umleitung des Ryanair-Fluges von Athen nach Vilnius auf den Minsker Flughafen und die anschließende Festnahme des belarussischen Oppositionsaktivisten Roman Protasewitsch ist ein Akt staatlicher Luftpiraterie. Das Verhalten widerspricht internationalen Abkommen im Luftverkehr. In der Geschichte hat letztlich keine Repression einem Machthaber dabei geholfen, dauerhaft die Überwindung seiner Macht zu verhindern. 

Erinnert sei aber auch daran, wie die USA und ihre NATO-Verbündeten, Frankreich, Italien und Spanien, das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2013 durch die Verweigerung einer Zwischenlandemöglichkeit zur Betankung letztlich zur Landung in Wien zwangen, weil Washington vergeblich hoffte, dort Edward Snowden festnehmen zu können. Auch das verstieß gegen internationale Abkommen im Luftverkehr, selbst bei einer Präsidentenmaschine und die erbärmliche Gefolgschaft hinter den USA.

Völkerrechtsbrüche verkommen schein­bar zu Bagatellen. So gibt es keine moralische Instanz mehr, die das Völkerrecht wirksam verteidigen könnte. Wer gestern selbst das Völkerrecht verletzte, kann heute nicht glaubhaft einen anderen anklagen. Dasselbe gilt für das Kosovo und die Krim. Wenn wir weiter zulassen, dass das Recht des Stärkeren die Regelung von Konflikten bestimmt, werden international und national die Grund- und Menschenrechte immer deutlicher geschwächt.

Wir müssen weg von der Konfrontation, von gegenseitigen Sanktionen, hin zum politischen Dialog, gerade mit Moskau, auch um dem Völkerrecht wieder Geltung zu verschaffen. Wandel durch Annäherung hieß eine solche Politik, zu der wir zurückkehren müssen.

Dieser Artikel stammt aus dem blättchen vom Juni 2021. Die Zeitungen des Bezirksvorstandes kann hier runtergeladen werden.

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