Die Stunde der Demokraten

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Treptow-Köpenick

Gysi meint ...

Die Wählerinnen und Wähler haben den Parteien in Thüringen eine große Herausforderung beschert und zugleich Bodo Ramelow so viel Rückenwind gegeben, dass sie unter seiner Führung auch bewältigt werden kann. Die Linke ist erstmals stärkste Partei in einem Bundesland. Es ist vor allem auch Bodo Ramelow und dem Vertrauen der Menschen in seine Regierungsarbeit zu verdanken, dass die AfD mit dem gruseligen Typ Björn Höcke an der Spitze hinter ihren Wahlergebnissen in Sachsen und Brandenburg zurückgeblieben ist. Trotzdem ist sie viel zu stark.

Jetzt muss die Stunde der Demokratinnen und Demokraten kommen. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, ob es zu einer wie immer gearteten Zusammenarbeit der Linken mit der CDU kommt. Darüber muss auf Landesebene gesprochen und entschieden werden, ob trotz gravierend unterschiedlicher gesellschaftspolitischer Vorstellungen genügend gemeinsame landespolitische Ziele für die nächsten fünf Jahre erarbeitet werden können. Bodo Ramelow wird diese Verhandlungen mit Augenmaß und Verantwortung für das Land führen, trotz beachtlicher Schwierigkeiten für beide Parteien.

Doch in Bezug auf unser Land muss insbesondere die Union endlich die Gräben des Kalten Krieges verlassen. Ein Ministerpräsident wie Bodo Ramelow, der 2021 als Bundesratspräsident Stellvertreter des Bundespräsidenten sein und dann das dritthöchste Amt im Staate innehaben wird, steht nicht am politischen Rand, sondern genau wie seine Partei mitten in der Gesellschaft. Wer die Gefahr einer rechtsextremen Entwicklung in Deutschland bannen will, muss die demokratischen Kräfte zusammenführen und stärken, nicht sie spalten.

Drei Viertel der Wählerinnen und ­Wähler in Thüringen haben die AfD nicht gewählt. Ihnen gegenüber stehen die demokratischen Parteien nun in einer besonderen Verantwortung.