Der Mietendeckel kommt

blättchen

Senatsbeschluss muss noch ins Abgeordnetenhaus

Seit 2011 sind in Berlin die Angebotsmieten um 60 Prozent gestiegen. Die Entwicklung der Einkommen kommt da schon längst nicht mehr hinterher. Die Linksfraktion will Mietenexplosion und Verdrängung stoppen und dabei alle Möglichkeiten ausschöpfen, die auf Landesebene bestehen. Deshalb haben wir für ein Mietendeckel-Gesetz gekämpft, mit dem die Miethöhen reguliert werden. Das hat der Senat nun beschlossen.

Was ist der Stand der Dinge?

Der rot-rot-grüne Senat hat am 22. Oktober 2019 einen Gesetzentwurf für den Mietendeckel beschlossen. Dieser beruht auf den Eckpunkten, die bereits am 18. Juni 2019 im Senat beschlossen worden waren. Basierend auf den Eckpunkten hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen einen konkreten Referentenentwurf erarbeitet und am 2. September veröffentlicht. In den darauffolgenden Verhandlungen innerhalb der Koalition hat sich die Linksfraktion dafür eingesetzt, dass der Dreiklang aus Mietenstopp, Mietentabelle mit Obergrenzen bei Wiedervermietung und der Möglichkeit der Kapppung von überhöhten Mieten bestehen bleibt.

Wie geht es nun weiter?

Der Gesetzentwurf geht jetzt in den Rat der Bezirksbürgermeister und wird dann mit dessen Empfehlungen nochmals im Senat behandelt. Danach wird er ins Abgeordnetenhaus eingebracht und muss auch dort beschlossen werden. Das Gesetz soll im ersten Quartal 2020 in Kraft treten.

Was steht im aktuellen Gesetzentwurf?

• Mietenstopp:
Die Mieten für nicht preisgebundene Wohnungen sollen mit Stand des Stichtages vom 18. Juni 2019 für einen Zeitraum von fünf Jahren weitgehend eingefroren werden. Auch für Staffelmieten ist die am 18. Juni 2019 geltende Miete entschei­dend. Ab 2022 darf die Miete um einen Inflationsausgleich von 1,3 Prozent pro Jahr erhöht werden, jedoch nur soweit, bis der entsprechende Wert der Mietentabelle erreicht ist.

• Mietobergrenzen:
Es wird eine Mietentabelle eingeführt, in der die Miet­obergrenze bei Neu- und Wiedervermietungen festgelegt wird. Diese ist nach dem Baujahr des Hauses und der Ausstattung mit Heizung und Bad gestaffelt (siehe Tabelle). Wird eine Wohnung wieder vermietet, gilt die Miete, die die Vormieter*in gezahlt hat. Falls die Vormiete höher ist als die Tabellenmieten, gilt die Tabellenmiete. Wenn eine Wohnung wiedervermietet wird, dürfen besonders niedrige Mieten von unter fünf Euro pro Quadratmeter um maximal einen Euro pro Quadratmeter auf maximal fünf Euro pro Quadratmeter angehoben werden.

• Kappung:
Wenn die Miete bestehender Mietverträge über 120 Prozent der Mietentabelle liegt, kann sie auf 120 Prozent der Mietentabelle abgesenkt werden. Für Wohnungen in einfacher Lage gibt es dabei einen Abschlag von 28 Cent pro Quadratmeter auf den Wert der Mietentabelle, für Wohnungen in mittlerer Lage werden neun Cent pro Quadratmeter abgezogen und für Wohnungen in guter Lage werden 74 Cent pro Quadratmeter aufgeschlagen. Für die Absenkung müssen die Mieter*innen einen Antrag stellen. Diese Regelung wird erst neun Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes wirksam.

• Modernisierungsumlage:
Wenn Wohnungen in Zukunft modernisiert werden sollen, muss dies von den Vermieter*innen gemeldet werden. Modernisierungen, die eine Umlage von 1 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten, können weiterhin ohne Genehmigung durchgeführt werden. Höhere Umlagen sind nicht möglich. Kosten von Modernisierungen, die 1 Euro pro Quadratmeter übersteigen, werden durch Förderprogramme kompensiert.

• Ausnahmen:
Neubauwohnungen, also Wohnungen, die nach 1. Januar 2014 gebaut wurden und künftig gebaut werden, sind von dem Gesetz ausgenommen. Gleiches trifft auf Sozialwohnungen zu, für die eigene Regelungen gelten.

• Härtefälle:
Vermieter*innen, die durch die neuen Regelungen dauerhaft in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, kann nach Antragstellung und Überprüfung eine Erhöhung der Miete genehmigt werden. In diesem Fall können Mieter*innen für den Betrag, der oberhalb der Obergrenze liegt, einen Zuschuss beantragen.

• Durchsetzung:
Vermieter*innen, die sich nicht an die neuen Regelungen halten, müssen mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen.

Geht das rechtlich überhaupt?

In Artikel 28 Absatz 1 der Verfassung von Berlin ist das Recht auf angemessenen Wohnraum verankert. Mehrere juristische Gutachten bestätigen, dass ein öffentlich-rechtlicher Mietendeckel des Landes Berlin möglich ist. Denn seit der Föderalismusreform sind die Bundesländer für das Wohnungswesen zuständig.

Wenn der Mietendeckel kommt, entfällt dann die Vergesellschaftung?

Nein. Für die Linksfraktion stehen Mietendeckel und Vergesellschaftung nicht gegeneinander, sondern ergänzen sich. Der Mietendeckel ist eine befristete Lösung zur schnellen Linderung des Mietenwahnsinns. Die von der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ angestrebte Vergesellschaftung, die wir unterstützen, soll auf lange Sicht die Wohnungsbestände der großen profitorientierten Wohnungsunternehmen in Gemeinwirtschaft überführen.


Zulässige Zuschläge:

• Liegt der Wohnraum in Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, erhöht sich die Mietobergrenze um einen Zuschlag von zehn Prozent.

• Für Wohnraum mit moderner Ausstattung erhöht sich die Mietobergrenze um 1 Euro.
Eine moderne Ausstattung liegt vor, wenn der Wohnraum wenigstens drei der folgenden fünf Merkmale aufweist:
1) schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbarer Personenaufzug,

2) Einbauküche,

3) hochwertige Sanitärausstattung,

4) hochwertiger Boden­belag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume und/oder

5) Energie­verbrauchskenn­wert von weniger als 120 kWh/(m2a).


Mietentabelle im Gesetzentwurf

Erstmalige Bezugsfertigkeit
der Wohnung und Ausstattung

Obergrenze
pro qm

bis 1918 mit Sammelheizung und mit Bad

6,45 Euro

bis 1918 mit Sammelheizung oder mit Bad

5,00 Euro

bis 1918 ohne Sammelheizung und ohne Bad

3,92 Euro

1919 bis 1949 mit Sammelheizung und mit Bad

6,27 Euro

1919 bis 1949 mit Sammelheizung oder mit Bad

5,22 Euro

1919 bis 1949 ohne Sammelheizung und ohne Bad

4,59 Euro

1950 bis 1964 mit Sammelheizung und mit Bad

6,08 Euro

1950 bis 1964 mit Sammelheizung oder mit Bad

5,62 Euro

1965 bis 1972 mit Sammelheizung und mit Bad

5,95 Euro

1973 bis 1990 mit Sammelheizung und mit Bad

6,04 Euro

1991 bis 2002 mit Sammelheizung und mit Bad

8,13 Euro

2003 bis 2013 mit Sammelheizung und mit Bad

9,80 Euro