WLAN in bezirkseigenen Gebäuden mit Publikumsverkehr

Schriftliche Anfrage

Drucksache Nr. IX/0809 vom 30.07.2024 des Bezirksverordneten Philipp Wohlfeil – Die Linke.


Ich frage das Bezirksamt:

1. Wie ist der aktuelle Sachstand und Zeithorizont des Bezirksamts zur Schaffung eigener öffentlicher WLAN-Zugänge, etwa in Bürgerämtern, Ämtern mit Publikumsverkehr und Rathäusern?

2. Was hat das Bezirksamt bisher unternommen, um den BVV-Beschluss 0322/20/23 (Drucksache IX/0513) umzusetzen?

3. Wie beurteilt das Bezirksamt die Tatsache, dass das Konzept "Freifunk" zur Umsetzung nicht auf die örtliche Nähe anderer Freifunkrouter angewiesen ist, es lediglich einen Internetanschluss braucht, um dem Freifunknetz beizutreten in Bezug auf die Antwort zur Frage Nr. 5 der Schriftlichen Anfrage 0420?

4. Wie beurteilt das Bezirksamt die Tatsache, dass es erreichbare Freifunkrouter in Sicht- und Funkweite diverser Standorte des Bezirksamts gibt, wie auf diversen Karten ersichtlich (https://hopglass.berlin.freifunk.net/) in Bezug auf die Antwort zur Frage Nr. 5 der Schriftlichen Anfrage 0420?

5. Wie, wann und mit welchen Ergebnissen hat das Bezirksamt geprüft, ob es Standorte des Bezirksamtes gibt, an denen sich niedrigschwellig offenes WLAN mit Freifunk realisieren lässt, etwa durch die gegebene Nähe und Erreichbarkeit anderer existierender Freifunkrouter, und warum wurde das ggf. nicht geprüft?

6. Welche Stellen / Ämter / Personen im Bezirksamt sind dafür zuständig, die rechtliche Lage für eine Teilnahme an dem Projekt "Freifunk" einzuschätzen, wie lauten diese Einschätzungen und welche Rechtsgrundlagen, Gesetze, Paragrafen, Ausführungsbestimmungen, Richtlinien u. Ä. sind im Einzelnen für diese Einschätzungen ausschlaggebend?

7. Wie erklärt das Bezirksamt den Beschaffungspreis pro Produkt für den Switch "TP-Link TL-SG2428p" in Höhe von 24.646,49 € in der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Anhang der Schriftlichen Anfrage XI/0610, der im freien Handel für etwa 300 Euro zu erwerben ist?

8. Wie erklärt das Bezirksamt den Beschaffungspreis pro Produkt für den Switch "UniFi USW-Pro-24-PoE" in Höhe von 1.552,23 € in der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Anhang der Schriftlichen Anfrage XI/0610, der im freien Handel für etwa 700 Euro zu erwerben ist?

9. Wie erklärt und errechnete das Bezirksamt den Strombedarf des Produktes "TP-Link TL-SG2428p" in Höhe von 250 kWh/a in der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Anhang der Schriftlichen Anfrage XI/0610, bei angegebener angenommener Nutzungszeit von 1.000 h/a und einer Eigenleistung von 32,1 Watt (Herstellerangabe laut Produktdatenblatt)?

10. Warum wurde bei der genannten Wirtschaftlichkeitsprüfung offensichtlich das Prinzip der Funktion "Power over Ethernet" nicht berücksichtigt, wonach das Gerät Strom für angeschlossene Geräte zur Verfügung stellt, aber nicht selbst verbraucht, ähnlich einer Mehrfachsteckdose?

11. Warum geht das Bezirksamt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Anhang der Schriftlichen Anfrage XI/0610 von 1000 h/a Betriebszeit für Switches aus, wenn diese in der Regel nie abgeschaltet werden und ein Jahr tatsächlich 8.766 Stunden hat?

12. Warum wurden in der in der Schriftlichen Anfrage XI/0610 nachgefragten Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht auch unterschiedliche Anbieter der Gesamtdienstleistung verglichen, statt lediglich verschiedene Geräteausführungen zu vergleichen?

13. Wie viele Switches, Router, Modems und ähnliche Geräte und Zubehör wurden im Rahmen der Ausstattung der Kiezklubs mit WLAN letztlich zu welchem Gesamt- und Einzelpreis gekauft (bitte genaue Produktbezeichnung (EAN), Menge, Einzelpreis, Gesamtpreis tabellarisch auflisten)?

14. Was passiert, wenn die nach Landeshaushaltsordnung durchzuführenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen fehlerhaft oder falsch durchgeführt wurden, welche Ämter, Stellen, Personen müssen informiert werden und welche Folgen haben falsche Wirtschaftlichkeitsberechnungen?

15. Mit welchen Maßnahmen stellen welche Ämter / Stellen / Personen im Bezirksamt und / oder Senatsverwaltungen sicher, dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen nach der Landeshaushaltsordnung ordnungsgemäß und fehlerfrei durchgeführt werden?

 

Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:

Zu 1.
Die Verantwortung, die Etablierung und die Durchführung für das Projekt „Public WLAN Berlin“ obliegt der Senatskanzlei - IKT-Steuerung- als Basisdienst. Im Kapitel 0500, Titel 546 14 der Senatskanzlei stehen im Doppelhaushalt 2024/2025 insgesamt 2.105.000 € für den Ausbau des Public WLAN zur Verfügung.
Das Bezirksamt ist für die Etablierung eigener öffentlicher WLAN-Zugänge in bezirkseigenen Gebäuden mit Publikumsverkehr mithin nicht zuständig. In Ermangelung dieser Zuständigkeit existieren weder finanzielle Mittel im Bezirkshaushalt noch ein Zeithorizont.
Das Bezirksamt hat am 22.02.2024 nach entsprechender Aufforderung eine Übersicht der öffentlichen Orte, die für einen WLAN-Zugang in Betracht kämen, an die IKT-Steuerung übermittelt. Der aktuelle Bearbeitungsstand ist dem Bezirksamt nicht bekannt.

Zu 2.
Aufgrund der Ausführungen zu 1. ist eine Umsetzung des BVV-Beschlusses 0322/20/23 (Drucksache IX/0513) in eigener Zuständigkeit und mangels vorgesehener Haushaltsmittel über die Ausstattung der bezirklichen KIEZKLUBs mit WLAN nicht möglich. Das Bezirksamt kann und wird jedoch die IKT-Steuerung im Rahmen seiner Möglichkeit bei der Umsetzung des „Public WLAN Berlin“ vollumfänglich unterstützen. Sollte eine Umsetzung des Senatsprojektes „Public WLAN Berlin“ aus unbekannten Gründen nicht erfolgen können, wird der Bezirk selbstverständlich die Umsetzung des Beschlusses wieder in eigener originärer Zuständigkeit vorantreiben.

Zu 3.
Unterstellt, diese Tatsache ist zutreffend, ändert es nichts an der aktuellen Zuständigkeitssituation. Es existieren keine Haushaltsmittel für die Etablierung eines DSL-Anschlusses. Mittel dafür sind im Einzelplan 25 etatisiert.

Zu 4. und 5.
Auch die Tatsache, dass es erreichbare Freifunkrouter in Sicht- und Funkweite diverser Standorte gibt, ändert nichts an dem Umstand, dass mangels Zuständigkeit Haushaltsmittel für verfahrensunabhängige IKT nicht vorgesehen sind. Wie bereits dargestellt, müsste die Finanzierung aus Mitteln des Einzelplans 25 erfolgen. Ob eine Bereitstellung der erforderlichen Hardware parallel zum Projekt „Public WLAN Berlin“ erfolgen kann oder ob dies ein Verstoß gegen § 7 der Landeshaushaltsordnung darstellen würde, vermag nur die Senatskanzlei zu beurteilen. Die Senatskanzlei wird diesbezüglich um Stellungnahme ersucht.

Zu 6.
Unabhängig von der maßgeblichen Frage der Finanzierung ist eine Gefährdungsbeurteilung für die Sicherheit des bezirklichen und schließlich auch des Landesnetzes erforderlich. Es wird derzeit mit verschiedenen Stellen erörtert, bei wem die Zuständigkeit (Bezirk oder Senatskanzlei) liegt.
Hilfreich wäre bereits das Vorliegen eines Sicherheitskonzeptes zum Projekt „Freifunk“.

Zu 7.
Unzutreffend ist, dass das Produkt für den Switch "TP-Link TL-SG2428p" (Angebot 2) in Höhe von 24.646,49 € ausgewählt wurde. Tatsächlich wurde das Angebot 1 mit den niedrigsten Lebenszykluskosten in Höhe von 1.623,95 € ausgewählt.

Zu 8.
Der Vergleich ist schwer möglich. Im sogenannten „freien Handel“ sind weder Mitarbeiterkosten, Montage noch Installation- und Wartungskosten enthalten.

Zu 9.
Es wurde die maximale Leitungsaufnahme für die Berechnung genommen und diese wurde von TP-Link mit 250W angegeben.

Zu 10.
Gemäß Ziffer 11 der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) sind bei der Beschaffung von strombetriebenen Geräten gemäß Abschnitt II, Ziffer 7.1. alleine die Lebenszykluskosten alleiniges Zuschlagskriterium.

Zu 11.
Das Ergebnis verändert sich linear. Somit ist es hinfällig, ob dort 1000 h/a oder mehr angenommen werden.

Zu 12.
Für die Gesamtdienstleistung, d.h. inklusive Mitarbeiterkosten, Montage, Installations- und Wartungskosten, wurden im Angebotsverfahren insgesamt sechs Anbieter/innen angeschrieben. Zwei Anbieter/innen haben dabei Angebote angegeben und dabei die von ihnen präferierten Geräte zugrunde gelegt. Für die Zuschlagsentscheidung sind allein die Lebenszykluskosten ausschlaggebend (vgl. Antwort zu 10.).

Zu 13.
Anliegend überreichen wir die Datenblätter der technischen Komponenten und die Leistungsverzeichnisse ohne Gesamtpreise, aus denen die Mengen erkennbar sind. Die Einheitspreise sind Geschäftsgeheimnisse und können daher nicht offengelegt werden. Der Auftragswert lag bei 45.249,61 € brutto. Eine Rückrechnung auf die Einheitspreise ist nicht möglich, da im Leistungsverzeichnis weitere Positionen, z.B. Montagekosten und Wartung, enthalten sind.

Zu 14.
Nach § 7 Landeshaushaltsordnung sind bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze verpflichten auch zur Prüfung, ob es sich bei der beabsichtigten Maßnahme überhaupt um eine staatliche Aufgabe handelt und ob eine Aufgabe durchgeführt werden muss. Die Versorgung mit WLAN stellt keine staatliche Aufgabe dar.
Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Die Beauftragten für den Haushalt können über die Berücksichtigung einer Maßnahme bei der Aufstellung oder Ausführung des Haushaltsplans in Abhängigkeit von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen entscheiden.
Nach Artikel 94 Verfassung von Berlin prüft der Rechnungshof die Rechnungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins. Er berichtet darüber jährlich dem Abgeordnetenhaus und unterrichtet gleichzeitig den Senat. Soweit ein entsprechender Prüfauftrag besteht, prüft auch die Zentrale Revision zur Korruptionsbekämpfung (ZRK) die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung. Ihr sind Rechnungshofberichte und Mitteilungen an den Rechnungshof vorzulegen.
Ist dem Land Berlin durch eine fehlerhaft durchgeführte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ein finanzieller Schaden entstanden, entscheidet die Leiterin der Serviceeinheit Personal und Finanzen über die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die verursachende Dienstkraft. Diese entscheidet auch über arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen bei anderen Verletzungen von Dienstpflichten.

Zu 15.
Erkenntnisse dazu, wie die Senatsverwaltungen in diesem Kontext handeln, liegen nicht vor. Weder die Landeshaushaltsordnung selber noch deren Ausführungsvorschriften geben hierzu verbindliche Vorgaben. Bei der Vorbereitung, Planung und Durchführung von Baumaßnahmen existiert z. B. ein sogenannter Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen als Anlage zur ABau (Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins). In der ABau finden sich zudem an diversen Stellen Ausführungen zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
Davon losgelöst sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nie „objektiv“, sondern immer „subjektiv“, da insbesondere Aussagen über zukünftige Kosten- und Zinsentwicklungen immer nur Annahmen/Schätzungen sein können. Auch die Gewichtung der Aspekte, die nicht in Geld ausgedrückt werden können, ist stets subjektiv. Gerade deshalb ist es wichtig, Annahmen zu treffen, deren Grundlage zu benennen und gegebenenfalls mit am Projekt beteiligten Personen abzustimmen.
Es kommt bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht auf übertriebene Genauigkeit an. Bei Unsicherheiten über die Richtigkeit bestimmter Annahmen oder bei Ergebnissen, die nah beieinanderliegen, wird die Schwankungsbreite mit veränderten Rahmenwerten gegengerechnet.
Durch eine solche „Sensibilitätsprüfung“ kann festgestellt werden, ob und wie veränderte Annahmen das Ergebnis verändern. Darüber hinaus bedürfen, getroffene Entscheidungen im Verlauf des Projektes und bei dessen Abschluss einer Überprüfung, ob die ihnen zugrunde gelegten Annahmen noch zutreffen, ob die
damit verbundenen Aussagen zur Wirtschaftlichkeit noch Bestand haben bzw. ob gegengesteuert werden muss.
Im Ergebnis kann es nur dann eine „falsche“ Entscheidung geben, wenn offensichtlich sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt wurden bzw. überhaupt keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen durchgeführt wurden. Im Bereich des Hochbaus werden z. B. die Planungsunterlagen dahingehend geprüft, ob eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt worden ist.

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