Zurückgetreten - Gedenkstätte ist gefährdet
Bild: Nur wenige Bürger:innen fanden sich in diesem Jahr zur Gedenkveranstaltung an die Köpenicker Blutwoche, das war eine Verhaftungs-, Folter- und Mordaktion der SA gegen Zivilpersonen im Jahr 1933, ein. Auf Einladung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist:innen sprach unter anderem Karin Kant. Die musikalische Begleitung erfolgte durch Isabel Neuenfeldt
Die Arbeit des Kuratoriums „Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche“ und damit die Gedenkstätte selbst ist in Gefahr!
Ende April 2024 sind die vier Fachexpert*innen des Kuratoriums „Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche“ Dr. Stefan Hördler, Daniela Geppert, Yves Müller und Kaspar Nürnberg zurückgetreten.
Um die Gedenkstätte „Köpenicker Blutwoche“ in der Puchanstraße in Köpenick zu erhalten, sie zu sichern und zu einem zentralen Ort der bezirklichen Erinnerungskultur und historischen Bildungsarbeit zu entwickeln, wurde 2015 auf Initiative unserer Fraktion in der BVV Treptow-Köpenick der Beschluss zur Einrichtung eines Kuratoriums gefasst. Für die aktive Mitarbeit in diesem Kuratorium konnten neben dem Stadtrat und Vertreter*innen der Verwaltung Weiterbildung/Kultur, Vertreter*innen aus den demokratischen Fraktionen der BVV TK auch die oben genannten Fachexpert*innen gewonnen werden. Die Einrichtung eines Kuratoriums im Jahr 2016 wurde von ihnen sehr begrüßt und sie entschieden sich zu einer aktiven Mitarbeit in diesem Gremium. Seitdem beteiligten sie sich u.a. an der Erarbeitung eines Statuts, eines Profils sowie eines Letter of Intent und sie brachten ihre Expertisen in die Erstellung eines Konzepts für die Gedenkstätte ein. Auch ihre fachlichen Kontakte konnten sie gewinnbringend einsetzen.
„Leider wurde die Arbeit des Kuratoriums durch einen nur schrittweisen Fortschritt in der Arbeit des Bezirksamtes sowie durch langwierige Verhandlungen um die Erneuerung und Erweiterung der bestehenden Immobilie stark verzögert, sodass letztlich von einem andauernden wahrnehmbaren Stillstand gesprochen werden muss, der die Arbeit des Kuratoriums schließlich obsolet machte. So konnten beispielsweise konkrete Ideen für Konzepte und Anträge/Drittmittelakquise u.a. zur baulichen Ertüchtigung des Ortes zu keinem Zeitpunkt ernsthaft angegangen werden.“ schreiben sie in ihrer Rücktrittserklärung.
Der Schritt war aber vielleicht notwendig und vielleicht auch der richtige ‚Warnschuss‘, da weder in der Verwaltung noch in der BVV irgendeine Bewegung zum Positiven spürbar war. Eine sicher gut gemeinte Resolution, wie sie die CDU jetzt in die BVV einbrachte, kann das zerschlagene Porzellan nicht kitten.
Vielleicht hätte Bürgermeister Igel früher re-/agieren und die Aufsicht über die Gedenkstätte zur Chef-Sache machen müssen. Schließlich ist die Köpenicker Blutwoche nicht nur traurige Köpenicker Geschichte. Sie ist einer der ersten grausamen Höhepunkte einer entfesselten NS-Diktatur, deren Bedeutung auch weit über Berlin hinaus reicht. Da wäre die Anbindung an den Bürgermeisterbereich sicher notwendig und nützlich.
Aus unserer Sicht müssen dringend folgende Fragen geklärt werden:
• In wessen Verantwortung soll künftig die Sicherung und inhaltliche sowie bauliche Weiterentwicklung der „Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche“ liegen?
• Welche personelle und finanzielle Ausstattung braucht es, um Ressourcen für Netzwerken, Akquise, wissenschaftliche Arbeit und Antragstellungen sowie fachliche Begleitung bereitzustellen?
• Mit wem ist dabei zu kooperieren, z.B. mit dem Senat, wie es schon der „Letter of Intent“ vorsieht?
Wenn die CDU so eine Resolution einbringt, dann kann sie ihre sicherlich vorhandenen Kontakte auf Landesebene ja nutzen, um das Problem der prekären Situation der Gedenkstätte anzugehen.
Dazu können alle demokratischen Fraktionen in der BVV ihre Vorstellungen und Vorschläge einbringen, auch die CDU, die zur Zeit ja sowohl den Bürgermeister von Berlin als auch den für Kultur / Gedenkkultur zuständigen Senator stellt.
Dieser Artikel stammt aus Aus dem Rathaus vom Juli 2024. Die Zeitungen des Bezirksvorstandes und der Fraktion können hier runtergeladen werden. Beide Zeitungen gibt es auch als kostenloses Abo.